Donnerstag, 3. August 2017

Betteln im Urlaubsparadies


Er steht jeden Tag am Supermarkt in einem kleinen Ort am Gardasee. Er grüßt jeden freundlich, der vorbei kommt. 26 Jahre ist er alt, Enory nennt er sich. Seit fünf Jahren lebt er in Europa. Er ist - wie Tausende Flüchtlinge zuvor - per Schiff übers Mittelmeer nach Italien gekommen.

Geflohen ist er aus Nigeria, dort treibt die islamistische Terror-Gruppe Boko Haram ihr Unwesen. Enory ist Christ, seine Mutter lebt ihm zufolge nicht mehr, sein Vater starb auf der Flucht. Enory spricht fließend Englisch, hat in Italien eine Aufenthaltserlaubnis. Doch Jobs für Leute ohne ausreichende Sprachkenntnisse und/oder Qualifikationen gibt's kaum. Aus seiner Tasche holt er seinen Ausweis, den er als Leiharbeiter einer Personal-Service-Agentur erhalten hatte.

Im September, hofft er, könnte er wieder vermittelt werden. Gerne würde er sich weiterbilden, doch Plätze sind rar. "Ich will arbeiten", schwört er. Doch vorerst schiebt er Einkaufswagen. "Ich glaube, dass Gott mir helfen wird", sagt er und lächelt. Die älteren Italienerinnen, die morgens im Supermarkt einkaufen und sich zum Nachbarschafts-Plausch treffen, kennen Enory inzwischen. Sie grüßen ihn freundlich zurück, stecken ihm ein, zwei Euro zu, wenn sie aus dem Supermarkt kommen. Eine Seniorin schenkt ihm statt Geld eine Brötchentüte. Enory dankt mit einem Lächeln. Italiener helfen, obwohl es dem Land schon mal besser ging. Obwohl auch in diesem Jahr wieder Tausende Flüchtlinge in italienischen Häfen angekommen sind.

Und was tut Deutschland? Die Kanzlerin ignoriert die Flüchtlingskrise aus Angst vor der AfD. Entgegen aller Ankündigungen leistet Deutschland kaum einen Beitrag, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Fest steht nur eines: Sollte Merkel Kanzlerin bleiben, wird sie ab Tag eins nach der Wahl wieder mit Seehofer über symbolische Obergrenzen streiten. Damit wird dann weder Deutschland, noch Italien oder Europa gedient sein. Und schon gar nicht Leuten wie Enory, die nicht um sonst aus ihrer Heimat geflohen sind.

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